WR-Interview


Zum Frühstück beim „Gitarren-Guru“

Schwertes Starke Seiten

Rundschau vom 15. November 2007

Der Saitenhexer spricht im WR-Interview über morgendliche Kreativität, Schwerte und John Bon Jovi Von Janis Brinkmann.
In den vergangenen Tagen gab es auf diesen Seiten einen Querschnitt durch  die Schwerter Bandszene.
Von Rockpop über Punk bis hin zu hartem Metal  war alles vertreten.
Zum Abschluss unserer Bandserie “Schwerte Rockt!“  kommt der Mann zu Wort, der für viele Schwerter Nachwuchsrocker als Musiker und Gitarrenlehrer prägend war.
In der WR  spricht “Saitenhexer“ Dirk Edelhoff an einem Montagmorgen um 9 Uhr über  die morgendliche Kreativität, die Schwerter Heimat und einen  desorientierten John Bon Jovi.
Eine Frage zum Wachwerden:
Wie lässt sich ein Interview zur Frühstückszeit mit der landläufigen Vorstellung von Rock’n’Roll vereinbaren?

Dirk Edelhoff:
Ich bin sowieso Frühaufsteher, deshalb macht mir der frühe Termin überhaupt nichts. Gegen Mittag bis abends unterrichte ich dann als Gitarrenlehrer meine Schüler, da bleibt sonst nicht viel Zeit für Pressearbeit.

Wann wird an neuen Songideen und Arrangements gefeilt?

Morgens ist man konzentrierter und produktiver. Die Zeit bis zwölf Uhr ist meine kreative Hochphase.
Dann probiere ich neue Melodien oder feile an älteren Stücken. In meinem kleinen Homerecording-Studio kann ich die Ideen gleich digital festhalten und am Computer weiterentwickeln

Du bist selbstständiger Gitarrenlehrer. Welche Musikstile unterrichtest du am liebsten?

Ich höre mir grundsätzlich alles an. Ich mag Musik und differenziere dabei nicht nach gut oder schlecht, sondern nur nach gut oder schlecht gemacht. Es muss gewachsen und authentisch sein. Ansonsten können die Schüler gern mit sämtlichen Arten von Musik zu mir kommen, in der Hinsicht mache ich überhaupt keinen Unterschied zwischen Jazz und Metal.

Viele Gitarristen der jungen Schwerter Bandgeneration waren oder sind noch deine Schüler. Bist du prägend für Schwerter Musik?

Natürlich hinterlässt man Spuren. Die Gitarristen von Timmy On The Potty hatten genauso Unterricht bei mir wie Jonathan Walter von Numbnation, der jetzt in Hamburg lebt, einen Plattenvertrag mit Universal hat und vom Produzenten von Tokio Hotel betreut wird. Bei mir können die Schüler auch gerne ihre eigenen Stücke mitbringen und wir feilen gemeinsam an den Riffs und Licks. Warum sollten spätere Rockmusiker auch erst Wanderlieder lernen.

Erkennt man einen Edelhoff-Schüler an der Art seines Gitarrenspiels?

Ich hoffe nicht! Das wäre ja sehr eintönig und schnell langweilig. Jeder Musiker sollte seinen eigenen Stil entwickeln. Ich kann meinen Schülern nur das Handwerkszeug mit auf den Weg geben, aber letzten Endes machen ihre Finger die Musik.

Du hast in über zwanzig Bands gespielt. Wie romantisch ist das Tour-Leben wirklich?

In erster Linie ist eine Tour immer extrem anstrengend. Natürlich macht es Spaß, man gewinnt neue Eindrücke und trifft interessante Leute, aber man muss auch sehr diszipliniert sein. Ein Musiker, der jede After-Show-Party mitnimmt, ist nach drei Tagen so fertig, dass man die Tour absagen muss. Bei vielen Gruppen gibt es unterwegs auch ein striktes Alkoholverbot und die Maßgabe täglich Sport zu treiben. Ein Beispiel für einen Tourkoller: Als ich 1991 Backstage bei Bon Jovi war, wusste die Band nur, dass sie gerade in Deutschland spielte, hatte aber keine Ahnung in welcher Stadt. Das war das 80. Konzert in Folge und die Jungs waren absolut ausgelaugt.

Du hast in Großstädten wie Köln gearbeitet. Warum magst du die Idylle einer Kleinstadt?

In Köln wäre mir irgendwann sicher die Decke auf den Kopf gefallen.Großstädte erzeugen einen unglaublichen Geräuschpegel und man ist viel zu sehr mit äußeren Einflüssen beschäftigt, statt zu sich selbst zu kommen.
Schwerte ist für mich Heimat: Hier kann man wahnsinnig konzentriert Musik machen und kreative Ideen fokussieren, ohne ständig abgelenkt zu werden.

Was ist deine aktuelle Lieblingsplatte?

Momentan höre ich viel Incubus. Besonders das Album „Morning View“gefällt mir aufgrund seiner musikalischen Vielseitigkeit.


ZUR PERSON

Dirk Edelhoff wurde 1963 in Iserlohn geboren und wuchs in Schwerte auf. Mit 12 Jahren entdeckte er im Zuge der aufkommenden Rockmusik-Welle seine Liebe zur Gitarre und gewann in den folgenden Jahren zweimal den renommierten nordrheinwestfälischen Wettbewerb „Jugend jazzt“.
Nach diesem doppelten Triumph vor einer internationalen Jury stand Dirks berufliche Zukunft fest: „Ich wollte Musiker werden.“
Vorbilder waren und sind die Jazzkoryphäen John Scofield und Pat Metheny.
Nach dem Studium der klassischen Gitarre in Dortmund, Remscheid und später in Köln wurde er 1982 Dozent für
E-Gitarre am privaten MGI (Münchener Gitarren Institut) und gibt bis heute Seminare und Workshops auf seinem Instrument.

Nebenbei komponierte der Profimusiker Werbejingles für verschiedene TV-Spots und arbeitete als Studio- und Live-Musiker bei mehreren Produktionen. In der deutschen Fachzeitschrift „Gitarre und Bass“ entwickelte er den Workshop „Guitar Techniques“, der den Lesern ein modernes und spezielles Gitarrenspiel vermitteln sollte.

Seit einigen Jahren hat er mit der Gitarren-und Verstärkerfirma Framus einen sogenannten Endorsement-Vertrag, bei dem er für die Instrumente wirbt. Im Jahr 2007 gab es eine ausgiebige UK-Tour mit der Engländerin Lisa Fitzgibbon und aktuell stehen Konzerte mit dem legendären amerikanischen Bassisten John Lester im ganzen Ruhrgebiet auf dem Programm. Dirk Edelhoff bezeichnet sich selbst als „alten Hasen der deutschen Rock-, Jazz-und Bluesszene“ und hat diesen Anspruch in den vergangenen 30 Jahren vielfach unter Beweis gestellt…